In der deutschen Energiewirtschaft kennen wir „die vier Großen“ – vier Energiekonzerne, die den Strommarkt dominieren und zumindest in der Vergangenheit eine klare Monopolstellung eingenommen haben: E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW. Zusammen mit hunderten Stadtwerken und heutzutage noch hunderten unabhängigen Stromanbietern bilden sie eine interessante Versorgervielfalt.
Sieht das in unseren Nachbarländern eigentlich ähnlich aus? Energiewirtschaft Einfach schaut sich in einer unregelmäßigen Artikelserie die Energiewirtschaft anderer Länder an und vergleicht diese mit Deutschland. Heute beginnen wir mit einem Gesamtüberblick und zählen die größten Versorger einiger unserer Nachbarländer auf.
Deutschland
In Deutschland kennen wir vier große Energiekonzerne. E.ON und RWE haben sich jedoch in den letzten Jahren ein bisschen umstrukturiert, nachdem sie mal die größten Energiekonzerne Europas waren. RWE hat mit innogy eine junge Tochtermarke etabliert, die für die Zukunft, die Energiewende und smarte Produkte stehen sollte. Mittlerweile befindet sich innogy im Übernahmeprozess durch E.ON und wird als Marke vermutlich komplett verschwinden.
E.ON selbst hat den alten Kraftwerksbestand in die neue Tochtermarke Uniper gesteckt, die mittlerweile vom finnischen Energiekonzern Fortum übernommen wurde. Damit hat E.ON einen großen Schritt geschafft, sich selbst als dominierenden Energiekonzern der Energiewende in Deutschland darzustellen, da ein Großteil alter Kraftwerke erfolgreich abgestoßen wurde. Die Kernkraftwerke und einige weitere Kapazitäten wurde in eine weitere Tochtermarke namens PreußenElektra abgegeben und werden damit auch nur noch indirekt mit der Marke E.ON in Verbindung gebracht.
Schlussendlich ergibt sich neben etwa 1.300 kleinen und mittleren Stromversorgern folgende Konzernsituation in Deutschland:
- Uniper (gehört zur Hälfte Fortum, der Rest ist Streubesitz) mit etwa 12.200 Mitarbeitern und 72 Mrd. Euro Jahresumsatz
- RWE mit knapp 60.000 Mitarbeitern und 44 Mrd. Euro Jahresumsatz
- ON mit etwa 43.300 Mitarbeitern und gut 30 Mrd. Euro Jahresumsatz
- innogy mit knapp 43.000 Mitarbeitern und knapp 37 Mrd. Euro Jahresumsatz
- EnBW mit 20.300 Mitarbeitern und gut 19 Mrd. Euro Jahresumsatz
- Vattenfall (nur Deutschland) mit etwa 6.800 Mitarbeitern und gut 6 Mrd. Euro Jahresumsatz
Schweden
Bei Erwähnung von Vattenfall in Deutschland kommt man natürlich nicht an der schwedischen Muttergesellschaft vorbei. Vattenfall ist das staatliche Energieunternehmen in Schweden und mit etwa 20.000 Mitarbeitern und 12,6 Mrd. Euro Jahresumsatz unter anderem Betreiber riesiger Wasserkraftwerke.
Italien
In Italien liegt mit Enel der vermutlich größte Energieversorger Europas ganz vorne: mit gut 69.000 Mitarbeitern und über 75 Mrd. Euro Jahresumsatz teilt sich dieser Konzern den Markt vor allem mit Eni. Dieser Konzern ist in Deutschland vor allem durch die Tochtermarke Agip bekannt, die jede Menge Tankstellen betreibt. Eni hat inklusive des Öl- und Benzingeschäfts gut 31.000 Mitarbeiter und knapp 77 Mrd. Euro Jahresumsatz.
Frankreich
In Frankreich treffen wir auf zwei weitere Riesen: EDF ist der Arbeitgeber von etwa 158.000 Mitarbeitern und bringt einen Jahresumsatz von gut 69 Mrd. Euro zusammen. Dazu gesellt sich mit Engie das frühere GDF Suez und kommt auf etwa 153.000 Mitarbeiter bei gut 66 Mrd. Euro Jahresumsatz.
Spanien
Die Spanier können auch mit zwei riesigen Energiekonzernen aufwarten: Iberdrola ist der größte spanische Energieversorger und erwirtschaftet mit etwa 28.000 Mitarbeitern gut 29 Mrd. Euro Jahresumsatz. Der mit 69.000 Mitarbeitern deutlich größere Wettbewerber Endesa ist indes vor allem in Lateinamerika der dominante Energieversorger und kommt damit auf etwa 21,5 Mrd. Euro Jahresumsatz. Endesa gehört mehrheitlich zur italienischen Enel.
Großbritannien
Bei den Briten findet sich eine ähnliche Situation wie wir sie in Deutschland kennen: es gibt die sogenannten „Big Six“ und damit sechs große Energiekonzerne die den Versorgermarkt dominieren: British Gas, EDF Energy (Tochter von EDF), E.ON UK (Tochter von E.ON), npower (Tochter von innogy), Scottish Power (Tochter von Iberdrola) und SSE. Diese Energiekonzerne werden in einem späteren Artikel genauer betrachtet.
einige Weitere:
- Norwegen: Statkraft ist mit 4.200 Mitarbeitern und etwa 5,2 Mrd. Euro Jahresumsatz einer der größten Erzeuger von Erneuerbarer Energie in Europa.
- Finnland: Fortum erwirtschaftet mit 8.200 Mitarbeitern etwa 5,2 Mrd. Euro Jahresumsatz, ist aber auch mit knapp 50% an Uniper in Deutschland beteiligt.
- Dänemark: Ørsted ist das frühere DONG Energy und kommt mit 5.600 Mitarbeitern auf gut 8,2 Mrd. Euro Jahresumsatz.
- Niederlande: Essent kommt mit rund 12.000 Mitarbeitern auf etwa 7,3 Mrd. Euro Jahresumsatz.
- Belgien: Der Energieversorger Electrabel führt mit etwa 4.300 Mitarbeitern und 22,2 Mrd. Euro Jahresumsatz, gehört aber auch mehrheitlich zur französischen Engie.
- Österreich: Verbund ist mit 3.000 Mitarbeitern und rund 2,8 Mrd. Euro Jahresumsatz der größte Energieversorger im Land.
- Schweiz: Die Nummer Eins in diesem recht diversen Strommarkt ist Alpiq mit etwa 8.300 Mitarbeitern und 6,7 Mrd. Euro Jahresumsatz.
- Polen: PGE (Polska Grupa Energetyczna) führt mit etwa 41.200 Mitarbeitern und 5,3 Mrd. Euro Jahresumsatz.
- Tschechien: ČEZ (České energetické závody) kommt mit 26.200 Mitarbeitern auf etwa 7,8 Mrd. Euro Jahresumsatz.
In den meisten großen europäischen Ländern findet sich ein großer Energiekonzern. In einigen Ländern entstanden sogar mehrere Konzerne, die sich den Markt regional oder nach Sparte teilen. Nur Großbritannien übertrifft mit sechs großen Konzernen die frühere Zerfaserung im deutschen Markt.
Die Marktliberalisierung, wie sie in Deutschland über das Unbundling umgesetzt wurde, ist als EU-Vorgabe grundsätzlich in allen Mitgliedsstaaten umzusetzen. Daher ist in diesen Ländern das Stromnetz typischerweise genauso wie in Deutschland von den Versorgern getrennt.
In weiteren Artikeln untersuchen wir unter anderem die Stromnetzstruktur der hier genannten Länder und besuchen natürlich auch weitere unserer Nachbarn und betrachten den Energiemarkt etwas genauer.
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