Am 11. Februar 2016 fand ein Workshop zum Szenariorahmen des Netzentwicklungsplans Strom 2030 in Berlin statt. Die Bundesnetzagentur ließ den gemeinsamen Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber in einigen Präsentationen vorstellen und teilte die Veranstaltung anschließend in drei thematische Workshopgruppen.

Doch was ist dieser Szenariorahmen überhaupt?

Die Bundesnetzagentur hat den Auftrag in jedem Zweiten Jahr einen Netzentwicklungsplan für die nächsten 10 bis 15 Jahre zu veröffentlichen. Dafür werden Szenarien mit verschiedenen Ausprägungen im Fortschritt der Energiewende ausgearbeitet. Der zusammengefasste Szenariorahmen bietet dann eine Grundlage um den Ausbaubedarf des Stromnetzes mit Bürgern und dem Fachpublikum zu diskutieren.

Was steht im Szenariorahmen?

Eine Beschreibung der Szenarien: A ist konservativ, B ist ausgeglichen und C ist revolutionär. Sowie die Kraftwerkskapazitäten im konventionellen und erneuerbaren Bereich, deren Potenzial zur Flexibilisierung und Regionalisierung, Bewertungen zur Versorgungssicherheit, dem erwarteten Stromverbrauch, dem Klimaschutz, Binnenmarkt und dem erwarteten Marktmodell. Der Szenariorahmen stellt den Stand der Energiemarktdiskussion und die wahrscheinliche Entwicklung der Energielandschaft dar.

Warum muss das Netz überhaupt ausgebaut werden?

Im Zuge der Energiewende und dem Atomausstieg verlieren wir eine gleichmäßige Stromproduktion und gewinnen eine schwankende Erzeugung, jedoch aus erneuerbaren und nachhaltigen Energiequellen. Da die Produktion nicht mehr auf wenigen großen Kraftwerken, sondern vielen verteilten Erzeugungsanlagen basiert, brauchen wir ein weit gespanntes Leitungsnetz um den Strom immer dort hin zu transportieren, wo er gebraucht wird.

Die Bundesnetzagentur schaut als Aufsichtsbehörde vor allem den Übertragungsnetzbetreibern über die Schultern, welche für eine immerzu ausgeglichene Netzfrequenz von 50 Hertz zuständig sind – sonst droht eine Unter- oder Überspannung und damit der Blackout. Letztendlich muss immer und überall ein Ausgleich aus Verbrauch und Erzeugung herrschen.

Die Szenarien

Im konservativen Szenario A ist die Geschwindigkeit der Energiewende eher gemäßigt mit nur moderatem onshore-Wind- und Photovoltaik-Zubau. Es werden nur wenige neue Technologien erwartet, es wird mit wenig dezentraler Erzeugung und wenigen Prosumern und Haushaltsspeichern gerechnet. E-Mobilität und Energieeffizienz sowie das Lastmanagement werden nur geringfügig erweitert.

Im ausgeglichenen Szenario B wird eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen und Technologien der Energiewende implementiert. Die erneuerbare Erzeugung und Elektromobilität ist verstärkt, es wird vermehrt über Strom geheizt (Wärmepumpen etc.) und Energieeffizienz sowie Lastmanagement haben eine erhöhte Bedeutung.

Im revolutionären Szenario C erwartet uns eine beschleunigte Energiewende mit intensiver Nutzung neuer Technologien, einer deutlichen Vernetzung von Strom, Wärme und Verkehr. Dezentrale Erzeugung und Speicher (Prosumer) sowie eine deutliche Akzeptanz von E-Mobilität und flexiblem Lastmanagement prägen den Alltag. Konventionelle fossile Erzeugung geht deutlich zurück.

Woher kommen die Daten zu Kraftwerkskapazitäten?

Fossile Kraftwerke werden aus den Bestands-, Zubau-, Rückbau- und Stilllegungslisten der Bundesnetzagentur entnommen. Darüber hinaus monitort man das Kraftwerksanschlussregister nach KraftNAV des VDE FNN sowie die Kapazitätsreservierungs- und –ausbauanträge bei den Gasfernleitungsnetzbetreibern.

Während große Wasserkraftanlagen auch in der Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur gelistet sind, werden erneuerbare Erzeuger aus dem EEG-Anlagenregister entnommen. Neben einer Auswertung der einzelnen Erzeugungskapazitäten werden auch Faktoren zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung hinzugezogen.

Die Vorträge am 11. Februar

Nach einer Eröffnungsrede des Präsidenten der Bundesnetzagentur stellte der Leiter der ÜNB-Arbeitsgruppe den Entwurf des Szenariorahmens 2030 vor. Es wird im Besonderen darauf hingewiesen, dass CO2-Klimaschutzziele in den Szenarien eingehalten wurden.

Ein Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts ISI erwähnte, dass in den unterschiedlichen Szenarien je nach Modellanalyse auch die Abbildung der Stromnachfrage und Stromlast variiert, da diverse technische und gesellschaftliche Faktoren berücksichtigt worden sind. Laut den berücksichtigten Modellen wird bis 2030 wegen erhöhter Energieeffizienz ein Lastrückgang erwartet – anschließend kann wieder von einem Anstieg ausgegangen werden.

Ein Vertreter von Germanwatch, einer unabhängigen NGO kritisierte diesen prognostizierten Lastrückgang, ist aber weitgehend mit den berücksichtigten Klimaschutzzielen und Anstieg der Erneuerbaren zufrieden.

Aus der anschließenden Publikumsdiskussion blieb mir vor allem in Erinnerung, dass der Vertreter eines großen Verteilnetzes sich die komplette Abbildung von elektrischem Verkehr und Wärme im progressiven Szenario wünscht, da diese zwei Drittel des gesamten deutschen Energiebedarfs ausmachen.

Workshop zu Flexibilität und Speicher

Neben den Workshops „Annahmen zur konventionellen und erneuerbaren Erzeugung“ und „Stromverbrauchsprognose und Regionalisierung“ fand auch die von mir besuchte Gruppe „Flexibilitätsoptionen und Speicher“ statt. Durch Mitarbeiter der Bundesnetzagentur betreut, sprachen wir über die eingeschränkte Berücksichtigung von Flexibilitätsoptionen, welche sich bisher nur auf Wärmepumpen und eventuell Elektromobilität bezieht und ob sich ein zukünftiger Energiemarkt auf dezentrale Energiespeicher bei den Prosumern zuhause oder zentrale Großspeicher konzentrieren wird (und dass das deutsche Gasnetz im Sinne von power-to-gas weit über jeden Speicherbedarf hinaus geht).

Thermische Haushalts- und Gewerbeanlagen wie Kühlräume bieten sich für Lastmanagement in der Regelleistung an, da negative Effekte bei der Abschaltung nur mit Zeitverzug auftreten. Abschließend ist man auf die disruptiven Effekte von günstiger werdenden Photovoltaik-Speicher-Angeboten und Elektromobilität gespannt. Beide Technologien können den Energiemarkt komplett umkrempeln.

Kann man noch am Szenariorahmen mitwirken?

Ja! Bis zum 22. Februar 2016 kann jeder im Rahmen der Konsultation schriftlich und online bei der Bundesnetzagentur auf netzausbau.de ein Feedback zum bisherigen Entwurf hinterlassen. Mehr Informationen zum NEP finden sich auf netzentwicklungsplan.de.