Die verschiedenen Marktrollen der Energiewirtschaft müssen tagtäglich zigtausende Nachrichten miteinander austauschen. Jeder Lieferantenwechsel, jeder Zählerstand und jede Abrechnung basiert auf ausgetauschten Daten. Dieser elektronische Datenaustausch ist Teil der sogenannten Marktkommunikation und muss eindeutig verständlich sowie automatisierbar sein.
In der deutschen Energiewirtschaft haben wir uns auf den Datenaustausch per EDIFACT geeinigt. Zumindest für alle Marktprozesse außer den Redispatch 2.0 nutzen wir die technischen Kommunikationsvorgaben auf edi-energy.de
Bei EDI@Energy handelt es sich um eine EDIFACT-Ausprägung explizit für die deutsche Energiewirtschaft. Also jede Menge vorgegebene Nachrichtentypen für alle möglichen Alltagsprozesse unserer Branche. Der Lieferantenwechsel wird mit einem bestimmten Nachrichtentyp geschickt und der Zählerstand mit einem anderen Zählertyp – und so weiter.
MIG und AHB
Für jeden dieser Nachrichtentypen finden wir zwei Dokumentarten: MIG und AHB. Diese Abkürzungen stehen für message implementation guide (Implementierungshandbuch) und Anwendungshandbuch.
Zusammen bieten diese beiden Dokumente einen umfassenden Überblick über die Marktkommunikation. Im konkreten Fall des obigen Screenshot geht es übrigens um die IFTSTA – ein EDIFACT-Nachrichtentyp für Statusmeldungen. Damit können Prüfzustände zu verschiedenen Prozessen übermittelt werden.
Jedenfalls: mit MIG und AHB haben wir alle wichtigen Vorgaben für die konkreten Datenübertragungen.
Das MIG beschreibt die Struktur sowie mögliche Inhalte der Nachricht. Also: welche Angaben können überhaupt in der Nachricht stehen – und was bedeuten sie dann.
Das AHB gibt nun vor, welche Inhalte bei welchen Prozessschritten anzugeben sind. Also welche Angaben brauche ich in einer Lieferbeginn-Meldung und welche kann ich auslassen? Unter welchen Bedingungen sind welche Angaben Pflicht – und so weiter.
Also, hier kommt ein MIG-Ausschnitt aus dem Stammdaten-Nachrichtentyp UTILMD:
Oben rechts sehen wir, dass es um den Vorjahresverbrauch geht – also die Angabe des alten Versorgers zum Jahresverbrauch.
Ganz oben links steht QTY – das ist die Bezeichnung des Segments innerhalb der Nachricht. Diese Angabe steht immer ganz am Anfang der jeweiligen Zeile.
Ganz unten sehen wir nach einer kurzen Texterklärung auch das Beispiel: QTY+Z09:4100:KWH‘
Also: QTY ist das Vorjahresverbrauchs-Segment. Z09 ist das Vorjahresverbrauchs-Element. 4100 ist eine beispielhafte Angabe für 4.100 kWh Vorjahresverbrauch. Und die KWH sind schlussendlich die Maßeinheit. So ein Segment wird immer mit ‚ beendet.
Das MIG lässt sich also sehr gut andersrum nutzen: in meiner echten UTILMD-Nachricht finde ich eine Angabe – dann nutze ich die Suchfunktion meines Browsers und suche innerhalb des MIG nach – in diesem Beispiel – „QTY+Z09“. Dann komme ich auf die Seite von unserem Screenshot – und schon kann ich die Angabe interpretieren – es geht um den Vorjahresverbrauch.
Und was macht das AHB?
Im Anwendungshandbuch werden die Segmente aufgeführt, die in einer bestimmten Nachricht (für eine bestimmte Anwendung) anzugeben sind. Also welche Inhalte sind wann genau Pflicht? – das findet man im AHB.
Hier im Screenshot sehen wir rechts drei Spalten – oben mit 11016, 11017 und 11018 gekennzeichnet. Diese drei Spalten unterscheiden die ursprüngliche Kündigungsmeldung beim Lieferantenwechsel und die beiden Antwortmöglichkeiten.
Unsere oben schon betrachtete Angabe des Vorjahresverbrauchs muss natürlich nur bei der Bestätigung der Kündigung mitgeteilt werden – daher findet sich das X für „Muss“-Angabe nur in eben dieser mittleren Spalte.
Dazu finden sich Bedingungen: die [902] sagt, dass der Wert nur positiv sein kann. Und die [937] sagt, dass nur die Vorkommastellen angegeben werden.
An den verschiedenen Stellen sehen wir auch hier wieder QTY, Z09 und KWH wie oben im MIG.
Also: mit dem MIG verstehe ich den möglichen Inhalt einer EDIFACT-Nachricht. Und mit dem AHB verstehe ich in welchen Prozessschritten welche Inhalte anzugeben sind.