SLP Haushalt, Ausschnitt im Winter – public domain

Wir hatten uns kürzlich mit dem Bilanzkreis beschäftigt – dem virtuellen Energiemengenkonto von Versorgern. Dabei sprachen wir von Verbrauchsprognosen der Kunden auf der einen Seite – und der dafür notwendigen Erzeugung und Zukäufe auf der anderen Seite. 

Aber wie kommen wir überhaupt zu konkreten Verbrauchsprognosen der Kunden? Insbesondere für jede Viertelstunde über das ganze Jahr hinweg? Schließlich haben wir noch lange keine überall verbaute intelligente Stromzähler.

Da kommt das Standardlastprofil ins Spiel. Es ist eine Schätzung des Verbrauchsverhaltens einer bestimmten Kundengruppe über das Jahr hinweg – für jede Viertelstunde.

Lastprofil

Die meisten Anlagen am Stromnetz werden nicht in Echtzeit gemessen und ausgelesen. Im Regelfall wird immernoch ein mal im Jahr der Gesamtzählerstand abgelesen und für die Abrechnung hinterlegt. Dann kennen wir den Jahresverbrauch bzw. die Jahreseinspeisung – aber mehr auch nicht. Diese Summe kann man auch als Prognosesumme für das Folgejahr nehmen, aber nichts für eine genauere Verhaltensprognose ableiten.

So eine Vorstellung des Verbrauchsverhaltens brauchen wir für die Steuerung des Stromnetzes – wann müssen wie viele Anlagen Strom einspeisen, wann müssen wir Strom im- oder exportieren, wann müssen steuerbare Anlagen hoch- oder runtergefahren werden – um Erzeugung und Verbrauch auszugleichen.

Da wir die Messung ja aber nur ein mal im Jahr am Zähler ablesen – müssen wir das viertelstündliche Verbrauchsverhalten abschätzen. Dafür haben mal kluge Köpfe ein standardisiertes Verhalten für verschiedene Kundengruppen aufgestellt – das sogenannte Standardlastprofil. Natürlich können wir nur grob ein runtergebrochenes Verhalten abschätzen, aber das ist ja besser als nichts.

Das Problem: Verbraucher verhalten sich individuell. Der eine Haushaltskunde kann sparsam sein, im Nachbarhaushalt sind drei Spielekonsolen im Dauerbetrieb und der nächste betreibt großes Terrarium mit dauerhafter elektrischer Beheizung und Beleuchtung – etc. 

Trotzdem gibt es nur ein vorgegebenes Standardlastprofil für Strom. Es ist jedem Netzbetreiber überlassen auch eigene Standardlastprofile aufzustellen, aber der Branchenstandard sieht tatsächlich so aus:

Wir sagen also, dass es im Großen und Ganzen ein Dutzend verschiedene Verbrauchsverhalten im Strombereich gibt. 

Das hat bisher noch ganz gut funktioniert – auch weil hier natürlich nicht die größten Industrieverbraucher dabei sind (die haben schon lange eine Zählerfernauslesung). Aber auf dem Weg der Digitalisierung muss sich hier natürlich etwas ändern.

normiertes Profil

Also wie funktioniert das Standardlastprofil nun genau? Wir kennen die SLP oft als so eine Grafik wie zu Beginn dieses Beitrags: mehrere Verläufe zeigen über den Tag hinweg ein schwankendes Verbrauchsverhalten der Kunden. Zum Anschauen und Verstehen sind diese Diagramme natürlich sehr hilfreich.

Dahinter steckt eine Tabelle: für jede Viertelstunde findet sich ein normierter Verbrauchswert. Von 00:00 bis 00:15 Uhr könnte das der Wert 0,087 sein und für 00:15 bis 00:30 Uhr kommt der Wert 0,089 – und so weiter. 

Schlussendlich können wir uns das so vorstellen, dass wir im IT-System dann eine Tabelle mit über 35.000 Viertelstunden und dazugehörigen Verbrauchswerten über das Jahr hinweg finden.

Diese normierten Lastprofilwerte (die man als Versorger vom Netzbetreiber bekommt) sind dann noch auf einen angenommenen Jahresverbrauch hochgerechnet – zum Beispiel 1 Mio. kWh.

Diesen normierten Jahresverbrauch ersetzen wir mit der Jahresverbrauchsprognose unseres echten Kunden und schon steht für jede Viertelstunde ein angenommener Verbrauchswert. Aus dem Beispiel oben wird dann für 00:00 bis 00:15 vielleicht 0,003. Und damit können wir arbeiten. Diese 0,003 kWh müssen wir für diesen einen Kunden für diese Viertelstunde beschaffen.

Und nun machen wir das für alle unserer Kunden – daraus ergibt sich unsere Gesamt-Beschaffungsmenge. 

Der Verlauf der Standardlastprofile ist nunmal nur standardisiert und die daraus kommenden Werte sind nur über den Daumen gepeilt – aber das ist besser als nichts 🙂

Und bis zu einem weitereichenden Rollout fernauslesbarer Stromzähler müssen wir weiter damit arbeiten.