Spätestens zum Oktober 2021 war der Begriff „Redispatch“ bzw. Redispatch 2.0 in aller Munde – zumindest in unserer Branche. Wir hatten selbst einige Videos zur Einführung dieser neuen Regeln veröffentlicht. Aber was ist das überhaupt?
Dispatch
In der englischen Sprache steht das Wort Dispatch einfach für Abfertigung, Entsendung oder auch Einsatz. Und genau so müssen wir den Begriff in der Energiewirtschaft auch sehen: als Einsatzplanung für Kraftwerke / Erzeugungsanlagen.
Der Dispatch beschreibt also die geplante Stromerzeugung anhand der Leistungsfähigkeit der Anlage sowie dem zugeführten Brennstoff bzw. den vorhandenen Wetterbedingungen. Aus dieser Planung ergibt sich der sogenannte Fahrplan für den Kraftwerkseinsatz – weil das Kraftwerk über die Zeit hinweg auf diese bestimmte Weise „gefahren“ wird.
Eine solche Kraftwerkseinsatzplanung ( = Dispatch) ist natürlich sehr wichtig. So wissen die Netzbetreiber genau, welche Strommengen wann in ihre Netze eingespeist werden. Und im Handel weiß man genau, welche Energiemengen wann zur Verfügung stehen und eingekauft werden können. Der Dispatch ist also die alltägliche Planung von Kraftwerksbetreibern und deren Vermarktern.
Redispatch (2.0)
Das Wort deutet es schon an: wenn der Dispatch die Einsatzplanung ist, handelt es sich beim Redispatch um eine Neu-Einsatzplanung. Hier wird also der ursprüngliche Fahrplan des Kraftwerks geändert.
Diese Änderung wird vom Netzbetreiber angestoßen. Warum? Er berechnet ständig die Strommengen in seinem Netz – wie viel wird neu erzeugt, wie viel wird verbraucht, wie viel wird von und zu Nachbarn rüberfließen? Und dabei können ihm Engpässe auffallen – also Momente, in denen an einer bestimmten Stelle des Netzes eine Überlastung oder ein Strommangel aufkommen.
Da wir jederzeit Stromerzeugung und den Verbrauch in Gleichgewicht halten müssen – also auch jederzeit genau die richtige Menge Strom durch die Leitungen fließen muss – ist so ein Engpass denkbar schlecht.
Wenn nun beispielsweise für Morgen Mittag eine Überlastung an einem bestimmten Netzstrang prognostiziert wird, kann der Netzbetreiber auf verschiedene Art reagieren: an einer anderen Stelle des Stromnetzes könnte ein flexibler Verbraucher seinen Bezug erhöhen – oder ein Speicher könnte einspeichern – oder ein davor liegendes Kraftwerk drosselt für einen gewissen Zeitraum seine Produktion – und damit wird Mittags eben doch kein Engpass an dieser Stelle aufkommen.
Eben dieses letzte Beispiel ist der Redispatch – die Neu-Einsatzplanung eines Kraftwerks, um einen Engpass im Stromnetz zu verhindern. Der Kraftwerksbetreiber bekommt eine Anweisung – einen angepassten Fahrplan – seine Anlage zu einem bestimmten Zeitpunkt zu drosseln. Oder ein fernsteuerbares Windrad wird kurz vor dem Engpass leicht gedrosselt. Und damit ist das Stromnetz wieder stabil.
Nun ist dieser Redispatch 2.0 sehr komplex – wenn ich hier den Engpass löse, kann deswegen ja an anderer Stelle ein Engpass entstehen – also sprechen wir in einem folgenden Beitrag noch über die Koordination zwischen mehreren Netzbetreibern um die passendsten Anlagen für jedes Szenario im Redispatch zu finden.