Sharing Economy — folgt die Shared Energy?

Wie lässt sich Energie teilen?

Pessimisten würden sagen, dass die Menschheit in den letzten Jahren immer Ich-bezogener geworden ist. Es gehe nur noch um die eigenen Interessen, die Karriere, das Ego — eben mich. Aber gleichzeitig haben Bewegungen wie die Sharing Economy immer weiter an Bedeutung gewonnen und sind für viele Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden.

Selbst seriöseste Wirtschaftslexika äußern sich dazu: “Der Begriff Sharing Economy meint das systematische Ausleihen von Gegenständen und gegenseitige Bereitstellen von Räumen und Flächen, […]. Im Mittelpunkt steht der Gemeinschaftskonsum.” [Gabler Wirtschaftslexikon]

Von der Nachbarschaftsgruppe auf Whatsapp bis zu Airbnb gibt es denkbar viele Möglichkeiten sich gegenseitig zu unterstützen, den eigenen Überschuss der Gemeinschaft zu bieten und dabei noch näher zusammenzurücken. Die Plattform nebenan.de ist ein guter Startpunkt, um sich im eigenen Umkreis zu vernetzen und Ressourcen zu teilen, statt neu zu kaufen.

Gemüse mit seinen Nachbarn anzubauen ist eine nachhaltige Alternative zum Einkaufen. (Foto: Canva)

Da wir uns auf diesem Blog hauptsächlich mit Themen der Energiewirtschaft und Energiewende beschäftigen, werfen wir doch mal einen Blick auf das Sharing von Energie. Geht das überhaupt? Und wie kann ich da mitmachen?

Wie können wir uns also Energie in der Nachbarschaft vorstellen? Natürlich braucht jeder Strom und Wärme. Das Paradebeispiel eines Energiequartiers umfasst also mehrere Wohn- und Gewerbehäuser. Auf ein paar Dächern sind Photovoltaik- oder Solarthermie-Anlagen. In einem Keller könnte ein erneuerbar betriebenes Blockheizkraftwerk stehen. Ein paar Anwohner haben Elektromobile, ein paar andere einfach einen Batterie- oder Wärmepufferspeicher. Und schon könnten sich die Nachbarn als kleines Nachbarschaftsnetz verstehen — ein sogenanntes Microgrid — und den jeweiligen Strom- oder Wärmeüberschuss mit den Nachbarn teilen. So lassen sich Energieproduktion, Speicher und Verbrauch wunderbar aufeinander abstimmen. Und dieses Prinzip funktioniert sowohl in der Großstadt als auch im ländlichen Dorf.

Beispiel eines Energiequartiers, das durch Solaranlagen Strom und Wärme erzeugt. (Foto: Canva)

Diese Variante des Quartiers funktioniert ganz lokal. Tatsächliche Nachbarn unterstützen sich gegenseitig und vor allem können Strom und Wärme/Kälte durch Leitungen physisch zum Nachbarn fließen. Mit entsprechend verbundenen Messgeräten — beispielsweise Smart Metern — lässt sich der ganze Austausch auch technisch überwachen sowie steuern.

Entlang der voranschreitenden Digitalisierung ergeben sich aber natürlich noch ganz andere Möglichkeiten des Austauschs. Gerade im Strombereich stehen die Kraftwerke meines Versorgers im Regelfall nicht gerade in meiner Nähe. Ich kann auch in Bayern einen Versorgungsvertrag mit Windkraftanlagen in der Nordsee schließen — weil wir in der Energiewirtschaft nur die gemessenen Energiemengen (in Kilowattstunden kWh) betrachten, nicht den tatsächlichen Stromfluss.

Also kann ich mein Wohnhaus in Sachsen auch prinzipiell von einer Solaranlage in Hessen versorgen lassen. Prinzipiell kann ich als Privatverbraucher einen unmittelbaren Versorgungsvertrag mit jedem Stromanbieter schließen — und insbesondere bei Lition kann ich dann die konkrete Anlage auswählen, die mir am besten gefällt.

Und wenn nun die gesamte Energiewirtschaft langsam den Weg in das 21. Jahrhundert findet, könnte mein Smart Meter in Zukunft wohl direkt und ohne Umschweife aus den vielen bundesweiten Angeboten immer die beste / günstigste / nachhaltigste Anlage heraussuchen und automatisch einen Versorgungsvertrag bzw. Tarif abschließen. So teilt jemand seinen Überschuss mit mir und ich fülle hingegen dessen Portokasse.

Viele Bürgerenergie-Genossenschaften kümmern sich genau um ein solches Angebot. Dabei schließen sich interessierte Bürger zusammen, gründen ein kleines genossenschaftliches Unternehmen und bauen zusammen Solaranlagen oder ganze Windrad-Projekte auf. Auf dem Ökostrom-Marktplatz von Lition gibt es zum Beispiel den Bürgerwindpark Dömern aus Nordrhein-Westfalen.

Die Bürgerwerke eG bieten zusammen mit einigen Thüringer Genossenschaften den Thüringer Landstrom und vereinen damit den Überschuss dutzender Solaranlagen aus Thüringen. Nicht ganz zufällig hat der Autor dieser Zeilen erst vor wenigen Monaten eine Bürgerenergie-Genossenschaft mitgegründet und möchte damit die Energiewende deutlich näher an “den ganz normalen Bürger” bringen.

Mehr Infos gibt es im knapp 40-minütigen kostenlosen Film “We the Power — Die Zukunft der Energieversorgung liegt in Bürgerhand”.

Die Sharing Economy funktioniert also auf vielen Ebenen. Von allgemeiner Nachbarschaftshilfe, über öffentliche Obstbestände (siehe mundraub.org) bis zu den Büchertausch-Regalen, die es in praktisch jeder Stadt gibt. Und so langsam, aber sicher entwickelt sich auch eine Sharing-Community im Energiesystem. Vielleicht kannst auch du Teil dieser nachhaltigen Bewegung sein?