Die Unternehmen der Energiewirtschaft sind voneinander getrennt. Kraftwerke, Netzbetreiber und Versorger wurden mit dem Unbundlingwortwörtlich entflochten. Warum das auch dringend notwendig war, beschreiben wir in diesem Blogbeitrag.
Früher hat das Energieunternehmen alles gemacht. Kraftwerksbetrieb, Netzbetrieb, Messung, Versorgung wurden aus einer Hand erledigt. Die meisten Energieversorgungsunternehmen entstanden aus den ersten Kraftwerksbetreibern – dabei wurden natürlich Strom- und Wärmeleitungen gebaut, mehr und mehr Verbraucher angeschlossen und dort auch Zähler verbaut.
So entstand ein in sich geschlossenes und funktionierendes System. Ein natürliches Monopol. Denn aus Sicht des Verbrauchers gab es keine Wahl – das eine Energieunternehmen vor Ort konnte mich anschließen oder eben nicht. Ich konnte versorgt werden oder eben nicht. Während diese Situation für das Energieunternehmen recht angenehm war, musste sicht aus Verbrauchersicht natürlich etwas ändern.
Und so hat 1996 die EU-Richtlinie 96/92/EG den sogenannten Elektrizitätsbinnenmarkt eingeführt. Dahinter steckt ein europaweiter zusammenhängender Energiemarkt. Doch für einen Markt brauchen wir Wettbewerb – und damit wurde auch die Entflechtung der bisherigen Monopolstruktur gefordert. Zwei Jahre später wurde das Energiewirtschaftsgesetz erstmals seit vielen Jahrzehnten angefasst.
Mit dem EnWG 1998 wurden die Grundlagen für das Unbundling gelegt. Mit weiteren Anpassungen ergab sich über das nächste Jahrzehnt eine ernsthafte Trennung der energiewirtschaftlichen Aufgaben – zumindest ab einer bestimmten Unternehmensgröße.
Die Stufen des Unbundling
Nicht jedes Energieunternehmen – vor allem Stadtwerk – muss sich komplett entflechten. Die wichtigste Unterscheidung liegt in der Anzahl angeschlossener Kunden an das jeweilige Netz. Ab 100.000 Anschlüssen muss der Netzbetreiber separat von der Versorgermarke arbeiten.
alle:
buchhalterisch die kaufmännischen Buchungen, Konten und Bilanzen werden entflochten
der Netzbetrieb und die Kundenversorgung werden finanziell voneinander getrennt betracht
informatorisch die Kundendaten, Datenbanken und IT-Systeme werden entflochten
der Login in die Systeme des Netzbetreibers wird vom Login in das Kundenversorgungssystem getrennt
ab 100.000 angeschlossenen Kunden:
operativ die Mitarbeiter und Führungskräfte werden entflochten
die Mitarbeiter-Standorte werden voneinander getrennt, damit Kundendaten nicht zugerufen werden können
gesellschaftsrechtlich die Geschäftsbereiche (GmbHs) werden entflochten
Netzbetrieb und Kundenversorgung werden in zwei GmbHs getrennt, damit die Geschäfte komplett separat laufen können
nur Übertragungsnetzbetreiber:
eigentumsrechtlich die Eigentumsverhältnisse im Konzern (Holding) werden entflochten
Netz und Versorgung dürfen nicht mehr im gleichen Mutterkonzern sein, um eine völlige Trennung sicherzustellen
Mit diesen Trennungen soll die diskriminierungsfreie Gleichbehandlung aller Wettbewerber erreicht werden. So kann „der eigene Versorger“ nicht bessergestellt werden, als ein beliebiges anderes Unternehmen.
Als Ergebnis haben wir heute etwa 1.300 Stromversorger und etwa 1.000 Gasversorger, die miteinander im gleichberechtigten Wettbewerb stehen. Jeder Kunde kann jederzeit frei entscheiden, mit welchem Versorger ein Vertrag abgeschlossen wird.